Workschop 12.03.2016 Werner-von-Siemens-Schule

Aufarbeitung der NS-Zwangsarbeit
Impulsworkshop am 12.03.2016

Gemeinsames Treffen
von Interessierten und Experten mit Vertretern der Politik

Veranstalter dieses Workshops war unser Verein. Enger Kooperationspartner und Hausherr die Schulleitung der Werner-von-Siemens-Schulen.

Lesen Sie in den nachfolgenden Kapiteln, wie es dazu kam und welches Ergebnis erzielt werden konnten. Klicken Sie hierzu das passende Akkordeon an:

Ein zentrales Anliegen war bei der Gründung des Vereins, die Ausstellung »Verschleppt, entrechtet, ausgebeutet – Zwangsarbeit in Wetzlar 1939-1945« neu zu gestalten.

Eine Projektgruppe, bestehend aus

  • Marianne Peter (†)
  • Andrea Theiß
  • Andrea Neischwander
  • Dr. Bergis Schmidt-Ehry sowie
  • Gerhard Ihle

hatte sich zur Aufgabe gemacht, die alte Ausstellung der IG Metall aufzubereiten, zu modernisieren und zu ergänzen. Eine digitale Sicherung der Texte Daten und Bilder wurde geleistet.

Parallel hierzu bemühte sich unser Vereinsvorstand um finanzielle Unterstützung und geeignete Räumlichkeiten.

Ziel dieser Bemühungen war eine neu gestaltete Dauerausstellung. Dabei hat allerdings der Vereinsvorstand bisher keine Lösungen finden können, wie die hierzu erforderlichen investiven Mittel und die Gelder für die Unterhaltung des Ausstellungsraums als ein Informations- und Gedenkort in Wetzlar gesichert werden. Der Verein kann dies nicht aus Eigenmitteln leisten.

Ein Lichtblick ist für uns das Interesse von LehrerInnen der Werner-von-Siemens-Schule (gewerbliche Berufliche Schulen in Wetzlar), die Ausstellung im Rahmen eines ganzheitlichen, projektorientierten und fächerübergreifenden Unterrichts neu zu gestalten.

Solange jedoch ungeklärt ist, wo und wie die künftige Ausstellung gezeigt werden kann, ist für unsere Projektgruppe aber auch für die PädagogInnen der Beruflichen Schule der Weg einer möglichen Realisierung eher mit Fragen als mit Antworten gepflastert.

Mit diesem Workshop wollten wir versuchen, den »gordischen Knoten« zu zerschlagen Mit den Kompetenzen, Erfahrungen und guten Ideen von

  • ExpertInnen zum Thema,
  • MuseumspädagogInnen,
  • StiftungsvertretInnen sowie von
  • PolitikerInnen,
  • Schüler*nnen,
  • Lehrer*innen,
  • Gewerkschafter*innen,
  • unseren Vereinsmitgliedern und weiteren
  • interessierten BürgerInnen

wollten wir Impulse und Ideen sammeln, um auf dem Weg zur Realisierung einer neuen Ausstellung weiter zu kommen. Somit war der Workshop ergebnisoffen.

Ende 1944 gab es im Altkreis Wetzlar bei 35 Firmen 55 Lager für mindestens 6.500 »zivile ausländische Arbeitskräfte«.

Die meisten von ihnen waren vor allem osteuropäische junge Frauen und Männer, aus den besetzten Ländern zur Zwangsarbeit verschleppt.

26 Zwangsarbeiterlager befanden sich innerhalb des Stadtgebietes von Wetzlar mit insgesamt 4.750 Menschen aus insgesamt 21 Nationen.

Hier nicht mitgezählt sind die Menschen, die u.a. als landwirtschaftliche Arbeitskräfte, in Haushalten, Hotels sowie dem Handwerk arbeiten mussten. Auch nicht die Soldaten in den Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos.

Die Gesamtzahl der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen betrug wegen hoher Fluktuationen und mangelnder Vollständigkeit der vorhandenen Quellen schätzungsweise etwa 20-30 Prozent mehr. D.h. ca. 50 Prozent der Erwerbstätigen und etwa 25 Prozent der Wohnbevölkerung der Stadt Wetzlar waren während des Krieges ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. Die vielfältigen Diskriminierungen durch die rassistische, faschistische deutsche Gesellschaft gehörten unübersehbar zum Alltag aller Wetzlarer Bürger*innen.

Wie fast überall in Deutschland wurde das massenhafte Unrecht der Zwangsarbeit erst zu Beginn der 1980er Jahre auch in Wetzlar Gegenstand der Geschichtsforschung.

Im Auftrag der IG-Metall (Verwaltungsstelle Wetzlar) entstand die Ausstellung durch den Marburger Geschichtswissenschaftler und Gewerkschafter Dr. Witich Roßmann.

Die Ausstellung wurde seit ihrer Eröffnung 1986 bis in das Jahr 2001 als Wanderausstellung in vielen Städten und Gemeinden und gewerkschaftlichen Bildungsstätten gezeigt. Sie ist zwischenzeitlich in die Jahre gekommen, enthält aber wichtige und mühsam recherchierte Informationen über den militärisch-industriellen Komplex während der NS-Zeit im allgemeinen und ganz konkret in Wetzlar, die nicht verloren gehen sollten.

Die IG Metall (Verwaltungsstelle Mittelhessen) hat unserem Verein die alten Ausstellungstafeln übergeben mit dem Auftrag, dass wir die hierin enthaltenen Erkenntnisse bewahren und in einer neuen, zeitgemäßen Form neu präsentieren.

Ideensammlung zur Neugestaltung
Der Ablauf in sieben Schritten:

  1. Ankommen und Begrüßungen
    Grußworte, Ablauf und Vorstellungsrunde
  2. Betrachtung der alten Ausstellung
    Zeit zum Studium der Tafeln und Sammeln von Eindrücken
  3. Impulsreferate von Experten/-innen
    angefragt, werden nach der Anmeldung bekannt
    gegeben
  4. Arbeit der AG »Ausstellung Zwangsarbeit«
    Präsentation der Aufgaben und Interimsergebnisse
  5. Wie sehen SchülerInnen die Ausstellung
    Präsentation einer Evaluierung und die Fragen von SchülerInnen, die die Ausstellung sichteten
  6. Ideensammlungen und Ratschläge, weitere Schritte
    Berücksichtigung der oben gesammelten Eindrücke
  7. Verabredungen
    soweit die Workshop-Ergebnisse das zulassen

Der Workshop wurde von Irmtrude Richter (Verein Wetzlar erinnert) und Lisa Herbel (Lehrkraft für Geschichte und IT-Technologien) gemeinsam moderiert.

Getränke und ein Imbiss wurden von WETZLAR ERINNERT gestellt.

Der Workshop war geprägt von einer Ermunterung, die Kooperation zwischen der Werner-von-Siemens-Schule und dem Verein, um in den konkreten Gestaltungsprozess einer neuen Ausstellung junge Generationen einzubeziehen.

Es wurde eine 7-köpfige Arbeitsgruppe, bestehend aus

  • Schüler*innen der gymnasialen Oberstufe
  • Lehrkräften der Werner-von-Siemens-Schule
  • Mitgliedern des Vereins

eingerichtet. Die Arbeitsgruppe traf sich eineinhalb Jahre in regelmäßigen Abständen im Selbstlernzentrum der Schule direkt nach dem Unterricht im monatlichen Rythmus. Bei diesen Treffen wurden Aufgaben verteilt, deren Ergebnisse in den Folgetreffen ausgetauscht und diskutiert wurden.

Die Befristung der AG war bedingt durch die Tatsache, dass im Sommer 2017 die beteiligten Schüler*innen ihr Abitur machten und für die Aufnahme eines Studiums Wetzlar verließen.