»Es gilt, wachsam zu sein«
Auf Ikea-Gelände wird an Zwangsarbeit in Wetzlar und an Erich Deibel erinnert
Er schmierte angeblich Parolen gegen Nazis auf eine Wand in der Werkstoilette und wurde dafür enthauptet: Seit Donnerstag erinnert eine Tafel auf dem Ikea-Gelände an das Leben und den Tod des Arbeiters Erich Deibel.
Rund 80 Menschen waren zu der Gedenkstunde in das Foyer von IKEA Wetzlar gekommen. Darunter auch eine Schulklasse der August-Bebel-Gesamtschule.
Einen Bericht über die Gedenkstunde mit anschließender Tafelenthüllung können Sie dem nachfolgenden Akkordeon entnehmen, aber auch eine Fotostrecke und den Pressespiegel von der Veranstaltung.
»Es gilt, wachsam zu sein«
Auf Ikea-Gelände wird an Zwangsarbeit in Wetzlar und an Erich Deibel erinnert
Er schmierte angeblich Parolen gegen Nazis auf eine Wand in der Werkstoilette und wurde dafür enthauptet: Seit Donnerstag erinnert eine Tafel auf dem Ikea-Gelände an das Leben und den Tod des Arbeiters Erich Deibel. Aber auch für das Zwangsarbeiterlager der Buderus’schen Eisenwerke, welches auf dem heutigen Parkplatz von IKEA stand, galt die Enthüllung.
Rund 80 Menschen waren zu der Gedenkstunde in das Foyer von IKEA Wetzlar gekommen. Darunter auch eine Schulklasse der August-Bebel-Gesamtschule.
Eine weitere Tafel greift das Schicksal der Zwangsarbeiter in Wetzlar auf. Während der NS-Zeit mussten etwa 10.000 Menschen aus 24 Nationen in der Industrie schuften. Sowohl das Wohnhaus Deibels, der 1942 hingerichtet wurde, als auch eines der Wetzlarer Zwangsarbeiterlager befanden sich in der Hermannsteiner Straße 13 – weswegen dort nun die beiden Tafeln stehen. Es ist der heutige Standort von Ikea.
Detlef Boje:
»Wir freuen uns, dass wir damit einen mutigen Menschen ehren dürfen«
Der Chef des Einrichtungshauses in Wetzlar, Detlef Boje, war von der Idee des Vereins »Wetzlar erinnert«, vor seinem Haus Gedenktafeln zu installieren, sofort angetan. »Wir freuen uns, dass wir damit einen mutigen Menschen ehren dürfen«, sagte Boje bei der Enthüllung. Man wolle gern einen Beitrag leisten, eine kleine Veränderung in der Gesellschaft zu bewirken. Der Standort der Tafeln sei auch daher richtig, weil Niedergirmes ein Ort der Vielfalt sei. Bei Ikea selbst arbeiteten derzeit in Wetzlar Menschen aus 18 Nationen, ein Flüchtling absolviere eine Ausbildung.
Gemeinsam mit Ikea stiftet Bosch Thermotechnik die zwei Tafeln. Hintergrund: Im Lager in der Hermannsteiner Straße 13 waren Arbeiter der Buderus’schen Eisenwerke interniert – des Vorgängerunternehmens. »Die Aufarbeitung der Zwangsarbeit hat bei uns eine lange Geschichte«, erläuterte Standortleiter Oliver Barta. Im Jahr 2000 sei das Unternehmen der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« beigetreten. Auch im Buch »Feuer und Eisen« aus dem Jahr 2006 werde an die Beschäftigung von Zwangsarbeitern erinnert. »Ich darf Sie persönlich auffordern, laut und deutlich zu erinnern«, rief Barta den Gästen der Enthüllung zu.
Das forderte auch Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD). »Wir haben keine Schuld an dem, was damals passiert ist», sagte Wagner mit Blick auf die NS-Zeit. »Aber wir müssen verhindern, dass es sich wiederholt.« Mit Blick auf die zunehmende Verbreitung rechter Parolen stellte Wagner fest: »Der Weg ist kurz. Es gilt, wachsam zu sein.« Die beiden Tafeln vor Ikea sind Nummer zwei und drei von geplanten 22. Die erste Gedenktafel war im Mai vor dem ehemaligen Gewerkschaftshaus im Niedergirmeser Weg 1 aufgestellt worden. Alle Tafeln eint, dass sie an Originalschauplätzen stehen und dass ein QR-Code den Zugang zu weiteren Informationen ermöglicht.
Für »WETZLAR ERINNERT« und seinen Vorsitzenden Ernst Richter ist das Gedenken, das Anschaulich machen von Geschichte, zentrale Aufgabe. Richter sagte, es müsse deutlich werden, dass die Verbrechen der NS-Zeit nicht nur in fernen Orten wie Auschwitz oder Buchenwald stattgefunden hätten, »sondern eben in der eigenen Straße oder Firma«.
Auch Richter mahnte, den Anfängen zu wehren. Mit Blick auf die AfD sagte er: »Wer das Völkische rehabilitieren will, dem muss unterstellt werden, faschistisches Gedankengut wieder salonfähig machen zu wollen.« Faschismus aber sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Anschließend enthüllten vor der Tür die Tafelstifter Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD), Detlef Boje (IKEA), Oliver Barta (Bosch-Thermotechnik) sowie Irmtrude Richter (WETZLAR ERINNERT e.V.) die Tafel am Fußweg zwischen IKEA-Haupteingang und der Hermannsteiner Straße die beiden Tafeln (siehe auch nachfolgende Fotostrecke).