Warum die Goetheschule Wetzlar die Gedenktafeln für
den Lehrer Dr. Christian Wilhelm Mackauer
und
zum Schicksal drei jüdischer Schüler
mitinitiiert hat

Von Annette Kerkemeyer
Schulleiterin der Goetheschule Wetzlar

Statement zur Tafel 18: Zu Ehren von Dr. Christian Wilhelm Mackauer
»Schule der Zukunft« – so titelt u. a. das Hessische Kultusministerium auf seiner Homepage, um auf die Notwendigkeit hinzuweisen, dass angesichts der rasanten Veränderung der Lebenswelt des 21. Jahrhunderts Schule und Unterricht zukunftsorientiert gedacht werden müssen. Daneben ist aber auch ein Blick auf »Schule in der Vergangenheit« notwendig, um gegenwärtige politische sowie gesellschaftliche Prozesse zu reflektieren und für die Zukunft zu lernen.

Der Fall des ehemaligen Lehrers Dr. Christian Wilhelm Mackauer, der aufgrund der »jüdischen Abkunft« seiner Frau zunächst an die Goetheschule zwangsversetzt und anschließend im Jahr 1937 aus ebendieser durch Zwangspensionierung vertrieben wurde, verdeutlicht, stellvertretend für viele andere Fälle, wie im deutschen Faschismus bewusst gesetzliche Grauzonen geschaffen wurden, um unerwünschte Personen aus Arbeitswelt und Gesellschaft zu entfernen.

Nur wenigen Betroffenen waren die Emigration und ein beruflicher Neuanfang in einem anderen Land möglich. Es erfüllt uns mit Freude, dass dies Dr. Christian Wilhelm Mackauer an der University of Chicago gelang. Als »teacher at his best« unterrichtete er nachhaltig u. a. »Western civilization«, seit 2017 trägt eine Professur ihm zu Ehren seinen Namen. Zu seiner Zeit an der Goetheschule durfte er aus rassenideologischen Gründen das Fach Geschichte nicht erteilen.

Durch die Gedenktafel wird es Dr. Christian Wilhelm Mackauer jedoch posthum und dauerhaft möglich sein, unsere Schülerinnen und Schüler durch die »Geschichte seines Lebens« zu unterrichten.

Statement zur Tafel 21: Was wurde aus Hans, Erich und Ernst?
Drei Schüler der Goetheschule ereilte im Nationalsozialismus ein gemeinsames Schicksal. Sie wurden in den 30er Jahren in Deutschland von schulischer und universitärer Bildung ausgeschlossen, weil sie Juden waren. Quellen im Archiv der Goetheschule geben Zeugnis von der schrecklichen rassenideologisch begründeten Diskriminierung gegenüber »Nicht-Ariern«. Dieses Erleiden teilen sie mit dem Latein- und Geschichtslehrer Christian Wilhelm Mackauer, der ebenfalls die Goetheschule verlassen musste.

Die Schicksale und Erfahrungen der ehemaligen Mitglieder der Schulgemeinde sind uns wichtig. Sie sollen nicht in Vergessenheit geraten. Sie sollen uns alle aber auch für gesellschaftliche Entwicklungen in der Gegenwart sensibilisieren, die zur Stigmatisierung und Ausgrenzung von Menschen führen. Junge Menschen sollen dazu befähigt und ermutigt werden, sich dagegen zu positionieren und für Vielfalt und Toleranz einzusetzen. Deshalb gehört der Dreiklang »Gedenken – erinnern – Verantwortung übernehmen« zum demokratiebildenden Profil der Goetheschule.

Ich bin den Schülerinnen und Schülern des Geschichtsleistungskurses sowie ihrem Tutor für ihr großartiges Engagement dankbar, den Spuren von Hans Stern sowie Erich und Ernst Rosenthal nachzugehen und eine Gedenktafel zu gestalten, die die Erinnerung an ihr schlimmes Schicksal dauerhaft wachhält.

Wetzlar, den 28.02.2024 und 03.06.2025

Annette Kerkemeyer, OStD’in
Schulleiterin

Tafelstifterin für die Gedenktafeln:

Hintergrund-Informationsseite:

WofindeichdieTafeln?WWo finde ich die Tafeln?