Das erste Thema auf dem Domplatz
Antifaschismus: »Protest gegen Faschismus und Kriegsgefahr«
Domplatz (Südseite)

Im Februar 1933 (wenige Wochen nach der Machtübertragung an die Nazis) hatte die »Eiserne Front«, ein Zusammenschluss aus dem sozialdemokratischen Spektrum (u.a. der »Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold«, Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund [ADGB] und SPD) ein letztes Mal in Wetzlar gegen die Faschisten demonstriert. Etwa 2.000 Personen zogen durch die Straßen. In jenen letzten Februartagen hatte die erste größere Polizeiaktion im Kreisgebiet stattgefunden, wobei »marxistisches« Material beschlagnahmt wurde.

Am selben Tag marschierte ein lokales Bündnis von Faschisten und rechtskonservativen Organisationen durch Wetzlar (SS, SA, HJ, NSDAP und DNVP sowie deren bewaffneter Arm, der »Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten«) mit – nach eigenen Angaben – 850 Leuten.

Am 13. März 1933 meldete die Presse, dass einige SPD-Leute um Mitternacht aus einem Auto verhaftet wurden. Am 1.4.1933 gab die Presse die Verhaftung von 14 KPD-Funktionären bekannt.

Wenige Tage später wurden in einer Wohnung in Niedergirmes »marxistisches Propagandamaterial« sowie ein Vervielfältigungsapparat der KPD »sichergestellt«. Zehn Personen wurden in diesem Zusammenhang »in Schutzhaft« genommen. Bei allen Polizeiaktionen waren neben den Polizeibeamten stets auch SA- und SS-Leute beteiligt. Insgesamt wurden im Kreis Wetzlar in diesen Tagen mindestens 100 »Schutzhäftlinge«, etwa zwei Drittel von ihnen KPD-Angehörige, registriert.

Als das Gerichtsgefängnis in der Wertherstraße überfüllt war, nutzten die Nazis ab 11. Juni 1933 vorübergehend das obere Stockwerk des leer stehenden Fabrikgebäudes der Fa. Krafft & Buß (Bedarfsartikel für Friseure) unter dem Namen »Polizeigewahrsam Jäcksburg« als »Schutzhaftlager« für Sozialdemokraten und Kommunisten. Es unterstand zwar der Polizei, aber die SA stellte die Wachen. Im Juli 1933 befanden sich allein in diesem Gewahrsam 38 Personen, davon 13 aus Wetzlar. Das Gebäude wurde später Sitz der Käthe-Kollwitz-Schule.

Einer von ihnen war der Maler und Anstreicher Hermann Ulm aus der Entengasse 12, geboren am 12.1.1899. Er war Ende Juli 1933 mit dem Vorwurf, kommunistische Agitation betrieben und Flugblätter der KPD verteilt zu haben, verhaftet worden. Am 14. August 1933 wurde er aus der »Schutzhaft« wieder entlassen und im September erneut »vorgeladen«. Schließlich fand am 23. Februar 1934 vor dem Strafsenat des OLG Kassel die Hauptverhandlung gegen ihn statt und er wurde wegen Hochverrats zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Tatsächlich aber musste er mehr als zwei Jahre in Konzentrationslagern verbringen. Hermann Ulms Ehefrau Karoline musste sich in dieser Zeit allein um die vier Kinder kümmern. Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Wiesbaden vom 14.8.1951 wurde ihm schließlich eine Haftentschädigung in Höhe von 3.000.- DM zugesprochen.