Die Ereignisse zur Reichspogromnacht
Jüdisches Leben in Wetzlar
Pfannenstielsgasse (Gedenkort für die Synagoge)

1925 hatte die Stadt Wetzlar

16.482 Einwohner
davon
13.518 Protestanten
2.500 Katholiken
13 sonstige Christen
148 Juden

Die jüdische Gemeinde war relativ homogen und gut integriert. Sie bestand überwiegend aus Händlern und Gewerbetreibenden und ihren Familien. Ihre Beträume befanden sich in Privathäusern, und erst 1755/56 konnte die jüdische Gemeinde nach einem vor dem Reichskammergericht gegen den Magistrat der Stadt Wetzlar gewonnenen Prozess in einem umgebauten Wohnhaus eine Synagoge in der heutigen Pfannenstielsgasse 8 einweihen.

1933 lebten in Wetzlar noch 132 Juden, 1938 noch 64. 1942 und 1943 wurden die letzten 34 noch hier lebenden Juden deportiert.

In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 war in der Synagoge vor allem der große Kultraum mit Thoraschrein, allen Bänken und große Teile der Frauenempore von der SA zerstört worden. Nur dem Eingreifen des Besitzers der benachbarten Brauerei Waldschmidt war es zu verdanken, dass die Synagoge nicht wie in Gießen oder Frankfurt in Flammen aufging. Die Gefahr eines Ausbreitens des Feuers auf die Nachbarhäuser war ihm zu groß. Wetzlars damaliger Bürgermeister Kindermann bedankte sich bei den beteiligten SA-Männern für deren »Beitrag zur Lösung der Judenfrage« und spendierte ihnen 50 Mark.

1939 hatte dann die jüdische Gemeinde das Grundstück für 2.500 Reichsmark an die benachbarte Brauerei Gebr. Waldschmidt weit unter Wert verkauft. Nach der Zerstörung der Inneneinrichtung am 9. November 1938 wurde das Haus im Zweiten Weltkrieg als Lager für französische Kriegsgefangene benutzt. 1945 wurde es als Gottesdienststätte wieder hergerichtet und bis 1948/49 genutzt von »Displaced Persons« jüdischen Glaubens – also Überlebende der Konzentrationslager, ehemalige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen und Flüchtlinge aus Osteuropa – bis zu ihrer Abwanderung nach Nordamerika bzw. Palästina.

Da die Hessische Treuhandverwaltung GmbH 1951 Besitzansprüche an die Brauerei stellte, musste diese noch 10.000 DM nachzahlen. Bis 1957 diente das Synagogengebäude der Brauerei als Lager und wurde 1958 wegen Baufälligkeit abgerissen. Auf Initiative des damaligen Wetzlarer Denkmalpflegers Walter Ebertz wurde am 22. März 1978 eine Gedenktafel zur Erinnerung an den Standort der Wetzlarer Synagoge an einem Nebengbäude der Brauerei Waldschmidt angebracht.