Das zweite Thema auf dem Domplatz
Der 1. Mai als »Nationaler Tag der Arbeit«
Domplatz (Westseite)

Ab 1933 nutzten die Nazis den Domplatz als Aufmarschstätte. Unter anderem fand hier die Feier zum »Nationalen Tag der Arbeit« am 1. Mai 1933 statt. Die Aufmärsche wurden immer als Teil der propagandistischen Selbstdarstellung inszeniert. Zum Ausdruck kam dabei die demonstrative Machtentfaltung und das dominante Auftreten der uniformierten Faschisten.

2. Mai 1933: Besetzung des Gewerkschaftshauses
Am 2. Mai 1933 wurden reichsweit die Gewerkschaftshäuser von der SA besetzt, Gewerkschaftsfunktionäre verhaftet und der Besitz der Gewerkschaften beschlagnahmt.  Am 2. Mai 1933 wurde über die Besetzung des Gewerkschaftshauses in Wetzlar im Wetzlarer Anzeiger wie folgt berichtet:

Alle Gewerkschaftshäuser besetzt
Überwachung der Geschäftsgebarung im Interesse der Arbeiterschaft
Die Aktion auch in Wetzlar durchgeführt
Wie wir soeben von zuständiger Stelle erfahren, sind heute Vormittag in ganz Deutschland die Gewerkschaftshäuser besetzt worden. Auch in Wetzlar wurde diese Aktion unter der Leitung des stellvertretenden Kreisleiters der NSDAP und Ortsgruppenleiters Hans Bieber durchgeführt. Die Aktion dient dem Zweck, die gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiterschaft im Sinne des nationalen Staates zu überwachen. Ein Eingriff in das Geschäftsgebaren der Gewerkschaften ist nur insoweit beabsichtigt, als sie den Interessen der Arbeiterschaft und des nationalen Staatsaufbaues zuwiderlaufen sollte.

Die Aktion in Wetzlar verlief ohne Zwischenfall. Es wird an zuständiger Stelle betont, daß die Arbeiterschaft keinen Grund zur Beunruhigung habe. Die Überwachung sei im Interesse der Arbeiterschaft und ihrer Aufwendungen, die sie für die Gewerkschaften geleistet hat und noch leistet, notwendig gewesen.

Die Art der Berichterstattung ist auch ein Ausdruck der zuvor gleichgeschalteten Presse.

Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 wurde schließlich auch die SPD am 22. Juni 1933 im gesamten Reich verboten. Für viele bedeutete die Verfolgung als politischer Gegner Berufsverbot und jahrelange Arbeitslosigkeit.

Ab 1927 hatten sich vornehmlich in Berliner Großbetrieben NSDAP-Mitglieder zu Betriebsgruppen zusammengeschlossen, aus denen sich 1928 die »Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation« NSBO bildete. Ende des Jahres 1931 hatte die NSBO ca. 300.000 Mitglieder, während die Freien und Christlichen Gewerkschaften nach wie vor weit über fünf Millionen Mitglieder aufweisen konnten. Zu reichsweiter Bedeutung gelangte die NSBO mit dem 2. Mai 1933, als sie zum Träger der Aktion »Besetzung der Gewerkschaftshäuser« wurde. Wenige Tage nach dem Verbot der Gewerkschaften in Deutschland am 2. Mai 1933 wurde am 10. Mai 1933 die Deutsche Arbeitsfront (DAF) gegründet. Damit wurde das Führerprinzip der Politik auf die Wirtschaft übertragen. Das Streikrecht wurde abgeschafft. 1935 wurde die NSBO zu Gunsten der DAF aufgelöst.

Das Gewerkschaftshaus des Deutschen Metallarbeiterverbandes (Verbandskreisleitung) samt ADGB-Büro für die Stadt und den Kreis Wetzlar im heutigen Niedergirmeser Weg 1–3 (früher: Überführung 1–3) musste während der Reichstagswahlen am 5. März 1933 bewacht werden. Die Angst vor Übergriffen durch SS und SA war zu groß. Trotzdem kam es nach der Wahl zu Plünderungen und Sachbeschädigungen des Hauses. Am 2. Mai 1933 besetzten die SA-Horden nach der Zerschlagung der freien Gewerkschaften deren Häuser und beschlagnahmten deren Vermögen im Deutschen Reich – so auch in Wetzlar. Fortan richtete die der NSDAP unterstellte Deutsche Arbeitsfront (DAF) ihr Büro im Gewerkschaftshaus Wetzlar ein.

Siehe auch:

—› Station 12 »Zensur und Verbote«