Mahnmal
für die Wetzlarer Opfer des »Nationalsozialismus«
am Rosengärtchen

Das Mahnmal – bestehend aus einer abgebrochenen runden Marmorsäule – wurde am 1. September 1987 eingeweiht. Es geht auf die Initiative des damaligen Wetzlarer Denkmalpflegers Walter Ebertz zurück.

Jakob Sauer
Mit dem Mahnmal sollte vor allem des Wetzlarer Bürgers Jakob Sauer gedacht werden. Dieser war einen Tag vor dem Einmarsch der Amerikaner am 27. März 1945 verhaftet worden, weil er an seinem Haus ein Pappschild angebracht hatte mit der Aufschrift »Schütze mein Haus, wir sind keine Nazis, wir begrüßen die Befreier«. Man brachte ihn zum Befehlsbunker des NSDAP-Kreisleiters Wilhelm Haus im Hausertorstollen, der daraufhin mit dem Befehlsstand des Gauleiters Jakob Sprenger in Romrod bei Alsfeld telefonierte. Er bat um die Genehmigung, »einen Schuft hängen lassen zu dürfen«. Das dortige Standgericht verurteilte Jakob Sauer zum Tod durch Erhängen. Sprenger fragte noch nach der Lage in Wetzlar und befahl seinem Kreisleiter, die Stadt bis zur letzten Patrone zu verteidigen. Haus erteilte daraufhin sechs Volkssturmmännern den Befehl, das Urteil am Wetzlarer Friedhof am Hindenburgring (heute: Bergstraße) zu vollstrecken. Die Volkssturmmänner begaben sich mit Jakob Sauer zu Fuß zum Friedhof. Hinter ihnen folgte Wilhelm Haus mit einem Polizeibeamten. Am Friedhofseingang suchte Haus einen Baum aus, verkündete nochmals das Urteil und gab den Befehl zur Vollstreckung. Sauers Leiche wurde erst am anderen Tag abgenommen.

Drei Stunden nach der Tat verließ Haus seinen Posten als Volkssturmführer und Stadtverteidigungskommandant von Wetzlar und setzte sich mit seiner Frau aus Wetzlar ab. In Göttingen wurde gegen ihn ein Standgerichtsverfahren eröffnet, weil er seinem Verteidigungsauftrag nicht nachgekommen sei. Ein ihm bekannter hoher Parteigenosse sorgte jedoch für einen Freispruch. Am 4. Mai 1945 wurde Wilhelm Haus in Peine (Niedersachsen) von den Amerikanern festgenommen und in Darmstadt interniert. Wiederholt wurde eine Überstellung an die deutsche Justiz gefordert, aber erst am 29. März 1947 wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Im Dezember 1947 wurde er vom Schwurgericht Limburg wegen Totschlags zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. In einer Revisionsverhandlung im Dezember 1948 wurde das Strafmaß auf sechs Jahre Zuchthaus und drei Jahre Ehrverlust reduziert.

Elli Hatschek
Weniger bekannt ist das Schicksal der am 2. Juli 1901 in Wetzlar geborenen Elli Hatschek, geborene Lotz. Ihr Mann, der tschechische Ingenieur Paul Hatschek, war in Berlin aufgrund seiner Verbindungen zur »Europäischen Union«, einer antifaschistischen Widerstandsgruppe um den späteren DDR-Regimekritiker Robert Havemann, vom militärischen Auslandsgeheimdienst der Sowjetunion angeworben und im September 1943 zusammen mit seiner Frau von der Gestapo verhaftet worden. Elli Hatschek wurde am 8. Dezember 1944 wegen ihrer Verbindung zur »Europäischen Union« und wegen »Wehrkraftzersetzung« in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ihr Name ist im »Ehrenbuch der Opfer von Berlin-Plötzensee« ebenso verzeichnet wie der des Buderus-Arbeiters

Erich Deibel,
der am 15. August 1942 wegen »Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat« in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde. Deibel wurde als Buderusarbeiter unterstellt, auf dem Betriebsgelände der Buderus’schen Eisenwerke in einer Männertoilette den Spruch »Arbeiter helft Russland – auf zur KPD« an die Wand geschmiert zu haben. Hierfür wurde er vom NS-Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.

Zu Ehren Erich Deibels wurde auf dem heutigen Gelände von IKEA eine Gedenktafel errichtet (Hermannsteiner Straße 13 war sein letzter Wohnsitz).

Siehe auch:
Gedenktafeln zu Ereignissen der NS-Zeit – Tafel 2 zu Ehren Erich Deibels

Bernd Lindenthal (Wetzlarer Geschichtsverein) hat über Erich Deibel und die ihm vorgeworfene Tat in der heimatgeschichtlichen Rubrik »DAMALS« der WNZ am 12.08.2017 einen Aufsatz veröffentlicht.