Warum wir die Gedenktafel zu Ereignissen der NS-Zeit in Wetzlar unterstützen
Ein Statement von Stefan Sachs

Die IG Metall steht in der ersten Reihe beim Engagement gegen Neofaschismus und Rechtspopulismus. Hierzu zählt auch die kritische Aufarbeitung der Geschichte des Deutschen Faschismus. Und das kommt nicht von ungefähr. Die Gewerkschaften und ihre Funktionäre waren mit die ersten, die ab 1933 verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt worden waren. Einer der prominentesten unter ihnen war Willy Bleicher, der 1934 von der Gestapo verhaftet und wegen »Gefährdung der Staatssicherheit und Vorbereitung zum Hochverrat« zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, die er im Jugendgefängnis Ulm verbüßte. 1938 – nach dem Ende der Haftstrafe – wurde er nicht freigelassen, sondern in das KZ Buchenwald verschleppt. Dort war er bis zur Befreiung 1945 gefangen und in der dortigen Widerstandsorganisation aktiv.

Der spätere IG Metall-Vorsitzende Otto Brenner (1956–1972) erklärte in der DGB-Grundsatzprogrammdebatte der 1950er Jahre: »Es gibt keine demokratische Gesellschaft ohne freie Gewerkschaften! Es gibt keine Demokratie ohne soziale Gleichberechtigung der Arbeitnehmer! Wir Gewerkschafter haben uns immer für das gesellschaftliche Ganze verantwortlich gefühlt. Wir haben stets für die Verwirklichung der Demokratie und die soziale Gerechtigkeit gekämpft. Nach den furchtbaren Erlebnissen der zwölfjährigen Nazi-Diktatur werden wir nicht zulassen, dass die demokratischen Grundrechte jemals wieder in Frage gestellt werden!«

Brenner erlebte die schleichende Entmachtung des Reichstags, den Aufstieg der Nazis, sowie die »Machtergreifung« am 30. Januar 1933 und die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai desselben Jahres. Bei Brenner verfestigten sich die Überzeugung, dass entscheidende Fragen der gewerkschaftlichen Entwicklung um das Verhältnis von Wirtschaft und Politik kreisen, dass die Demokratie Voraussetzung für gewerkschaftliches Handeln ist und wirtschaftliches Handeln demokratischer Kontrolle bedarf. Dies prägt die Politik der IG Metall bis heute.

In den 1980er Jahren begannen die Verwaltungsstellen der IG Metall, ihre – teilweise verschüttet gegangene – Geschichte neu zu erforschen. Hieraus entstanden zahlreiche Bücher über die Geschichte der lokalen Arbeiterbewegung. In Wetzlar wurde von der hiesigen Verwaltungsstelle zwei Bücher veröffentlicht, die unter anderem den örtlichen Kampf des Deutschen Metallarbeiterverbandes gegen die Nazis dokumentieren. Außerdem wurde 1986 auf einer Ausstellung mit 32 Tafeln das Ausmaß der NS-Zwangsarbeit im Altkreis dokumentiert. Zur damaligen Zeit eine Pionierleistung zur Aufarbeitung des Themas in der Bundesrepublik Deutschland.

Als WETZLAR ERINNERT anregte, eine Gedenktafel über die Besetzung des Wetzlarer Gewerkschaftshauses am 2. Mai 1933 an dem noch bestehenden Gebäude anzubringen, war es für uns eine Selbstverständlichkeit, dieses Projekt zu unterstützen. Das Haus gehörte dem Deutschen Metallarbeiterverband (DMV, die Vorläuferorganisation der heutigen IG Metall), Ortsgruppe Wetzlar.

Stefan Sachs
1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer
IG Metall Geschäftsstelle Mittelhessen

Tafelstifter für die Gedenktafel: