Gedenkplatz in der Pfannenstielsgasse

Zusammenstellung vom 28.03.2016
Die Wetzlarer Synagoge wurde in der Reichspogromnacht nicht niedergebrannt, aber geschändet. Der benachbarte Brauereibesitzer Waldschmidt hatte Angst, dass die Flammen übergreifen könnten.

Dennoch existiert die Synagoge heute nicht mehr. Die jüdische Gemeinde sah sich gezwungen, das Grundstück zu verkaufen. Das Gebäude wurde anschließend von der Brauerei als Getränkelager benutzt. 1958 wurde es wegen Baufälligkeit abgerissen.

Am 31.08.1295 wird erstmals eine Synagoge erwähnt. Sie befand sich im Bereich Steingasse und Lahnstraße, heute Hertebau. Vermutlich war das Gebäude aber bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verfallen. Seit dieser Zeit wurde Gottesdienst in Beträumen oder Betstuben abgehalten. Diese befanden sich in den Wohnungen und Wohnhäusern der Wetzlarer Juden.

Bereits 1734 hatte die Gemeinde vor eine neue Synagoge zu bauen. Der Magistrat erteilte allerdings zunächst keine Baugenehmigung, weshalb es zu einer jahrelangen Auseinandersetzung kam. Schließlich zog die Gemeinde im Juni 1753 vor das Reichskammergericht, das 1754 das Urteil verkündete und die Erlaubnis erteilte. In den Jahren 1755/1756 baute man ein zweigeschossiges Wohnhaus in der Pfannenstielsgasse 8 um.

Das ehemalige Färberhaus bot sich aufgrund seiner Halle zum Umbau in einen Betsaal mit Frauenempore an. Außerdem hatte man im Haus genug Platz um Gemeindeverwaltung und Schulräume sowie eine Mikwe einzurichten. Der Betsaal war für 50 Männer ausgelegt, die Empore für weitere 50 Frauen.

1930 wurde sie für 4.155,75 Reichsmark renoviert. Nachdem die Inneneinrichtung in der Reichspogromnacht zerstört, die Synagoge aber nicht angezündet worden war, verkaufte die Gemeinde am 21. Februar 1939 das Grundstück für 2.500,00 Reichsmark an die Brauerei Gebrüder Waldschmidt.

Die Kultusgegenstände wurden bereits in der Pogromnacht nach Frankfurt am Main gebracht. Die Brauerei nutzte die profanierte* Synagoge als Lagerhaus, ehe ab 1940 französische Kriegsgefangene hier lebten.

Dieser Zustand änderte sich mit Kriegsende, als die amerikanische Militärregierung das Gebäude wieder als Synagoge für die Displaced Persons (DPs) herrichtete, wobei die dreiseitige Empore nur noch für 23 Frauen ausgelegt war. Sie wurde im September 1945 eingeweiht. Nachdem die osteuropäischen Flüchtlinge 1949 aus Wetzlar verzogen waren, nutzte die Brauerei das Haus wieder. Als die Hessische Treuhandsverwaltung GmbH im Jahr 1951 Besitzanspruch gestellt hatte, musste die Brauerei erneut eine Zahlung entrichten. Diese lag bei 10.000,00 DM.

Wegen Baufälligkeit riss man im November 1958 die ehemalige Synagoge ab. Die Brauerei baute anschließend ein Sudhaus auf das Grundstück.

*) profaniert = Verb für Entweihung oder Entwürdigung eines sakralen Gegenstandes. Quelle: Was bedeutet »Profanierung?«

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In der Nähe des Alloheims
Pfannenstielsgasse 8 | D 35578 Wetzlar

Heute erinnert ein kleiner Gedenkort an die Synagoge in der Pfannenstielsgasse. Seit einigen Jahren finden hier Gedenkveranstaltungen zur Reichspogromnacht statt.

Nachfolgend Filmaufnahmen von hessencam zu ausgewählten Veranstaltungen:

© Mit freundlicher Genehmigung von hessencam