Versteigerung jüdischen Hausrats
Arisierung jüdischen Vermögens
Eselsberg 1

Das Haus Eselsberg 1, in dem sich früher die »Gaststätte zum Braustübel« von Ludwig Ackermann befand, ist nach den ersten Deportationen Wetzlarer Juden im Sommer 1942 eng mit der »›Arisierung‹ jüdischer Habe« und dem »Legalisierten Raub« durch die Wetzlarer Finanzbehörden verknüpft.

Mindestens fünf öffentlich angekündigte Versteigerungen von Hausrat und sonstigen Gegenständen aus jüdischem Besitz fanden in wöchentlichem Abstand unter Leitung des Finanzamtsvorstehers statt. Auch das Hauseigentum deportierter Juden fiel an das »Reich«.

Der Hausrat wurde u.a. im Hof der früheren Gaststätte vom Finanzamt Wetzlar versteigert. Die damals sechsjährige Enkelin Gisela des am 13. April 1940 zunächst nach Frankfurt deportierten und am 8. Mai 1942 »nach dem Osten evakuierten« Gebrauchtwarenhändlers Josef Lyon und seiner Frau Berta versuchte vergeblich, dort ihre im Haus der Großeltern vergessene Puppe zurückzuerlangen. Das Haus der Familie Lyon am Liebfrauenberg 1 war direkt nach der Deportation der Großeltern amtlich versiegelt worden. Für das öffentlich versteigerte Mobiliar ist den überlebenden Familienangehörigen nach dem Krieg die Summe von 210,75 DM als Entschädigung gezahlt worden.

Als Ausgleich für den Mord an ihrer Mutter Rosa Best, Tochter von Josef und Berta Lyon, erhielt Gisela Jäckel zusammen mit ihrer Schwester 1956 vom »Sozialausschuss der Verfolgten des Nationalsozialismus« einmalig 1.000,- DM.

Ein besonderes Beispiel für den »Legalisierten Raub« stellt die Sammlung »Europäische Wohnkultur« der Wetzlarer Kinderärztin Irmgard Freiin von Lemmers-Danforth (1892–1984) dar. Aufgrund eines Schenkungsvertrages mit der Ärztin ging die Sammlung 1967 in den Besitz der Stadt Wetzlar über und wurde in dem barocken »Palais Papius« in der Kornblumengasse 1 untergebracht. 1991 konnte ermittelt werden, dass 13 der insgesamt 500 Ausstellungsobjekte aus jüdischem Besitz stammten. Die Ärztin hat sie nach Ansicht der »Raubkunst-Fahnderin« Anja Heuß zu NS-Zeiten auf sogenannten »Judenauktionen« und sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg bei »regulären« Kunstauktionen erstanden.

Die Stadt Wetzlar hat sich daraufhin bereit erklärt, unrechtmäßig erworbene Ausstellungsstücke an die Erben zurückzugeben.