Verlagerung des Hausertorwerks
Zwangsarbeit und Rüstungsproduktion
Hausertorstraße

Die Firma Leitz nutzte seit Mitte der 1920er Jahre das Hausertorwerk als Produktionsstätte für die Serienfertigung der LEICA-Kameras. In der Kriegsphase war dort die Automatenfertigung mit modernsten Bearbeitungsmaschinen untergebracht. Wie die anderen Wetzlarer Industriebetriebe hatte auch Leitz einen hohen Anteil an Rüstungsproduktion. Gefertigt wurden optische und mechanische Bauteile sowie Geschosshülsen.

Seit 1942/43 hatte die Anzahl der Luftalarme über Wetzlar stark zugenommen. Als im November 1943 aufgrund einer Anordnung der Berliner Reichsregierung jede kriegswichtige Produktion entweder auf das Land verlagert oder in unterirdische Stollenanlagen verlegt werden sollte, wurde gegenüber dem Hausertorwerk, am Lahnberg, eine Stollenanlage aufgesprengt.

Bereits im Jahre 1842 – mehr als 100 Jahre vorher – hatte der Grubenbesitzer Ludwig Raab einen Stollen mit dem Ziel der Eisenerzförderung in den Lahnberg treiben lassen. Dieser Stollen wurde ab Januar 1944 zu einer umfangreichen Stollenanlage erweitert. Es entstanden 3 Bereiche:

1. Produktionsstollen
Gegenüber dem Hausertorwerk wurde eine Stollenanlage in den Lahnberg getrieben, die große Teile der Bearbeitungsmaschinen aus dem Hausertorwerk aufnehmen konnte. Die gesamte Automatenfertigung wurde in die unterirdische Fabrik verlagert. Im Juli 1944 wurde die Produktion unter Tage aufgenommen. Die Beschäftigten waren überwiegend ukrainische Zwangsarbeiterinnen.

2. Schutzbunker
Gleichzeitig mit der Aufsprengung des Produktionsstollens wurde gegenüber der »Eisernen Brücke« (heute Hausertorbrücke) eine Stollenanlage in den Lahnberg getrieben und mit dem Produktionsstollen verbunden. Diese diente als Schutzbunker für die Beschäftigen der umliegenden Betriebe – unter ihnen waren auch viele Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – und der dort wohnenden Bevölkerung.

3. Befehlsstollen
Unweit des Hausertorstollens, im »Adolf-Hitler-Haus« in der Hausertorstraße, befand sich der Sitz der NSDAP-Kreisleitung. Der NSDAP-Kreisleiter Haus veranlasste, dass aus dem Produktionsstollen in Richtung Haarbachstaße eine weitere Stollenanlage mit Ausgang hinter dem »Aldefeldschen Haus« in der Haarbachstraße gesprengt wurde. Diese Anlage nutzte er während der Luftalarme als bombensicheren Befehlsstollen.

Einige 100 Meter weiter, in der Garbenheimer Straße, ließ 1944 auch die Moritz Hensoldt Optische Werke AG von italienischen und französischen Kriegsgefangenen eine Stollenanlage in den Lahnberg sprengen. Die Anlage sollte aus zwei im Winkel von 75 Grad zur Straße angelegten Parallelstollen mit drei Querstollen bestehen, von denen jedoch bis Kriegsende nur einer fertiggestellt wurde. Auch die Pfeiffer Apparatebau GmbH musste im Juni 1944 aufgrund eines Verlagerungsbefehls des Reichsluftfahrtministeriums einen Teil der Rüstungsproduktion auslagern – und zwar in den Eis- und Bierkeller der Brauerei Guht in der Garbenheimer Straße.

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